Dass du für die Zeit beziehen kannst. Myra lag mit dem Rücken auf einem breiten, weichen Bett und starrte die Decke über sich in aller Stille an. Für wie lange sollte sie das Zimmer denn beziehen? Es war nun der zweite Tag. Seitdem Mitumial sie aus dem Glaskasten ließ, hatte die Schwarzhaarige die Zeit für die eigene Hygiene genutzt und sich im Anwesen umgesehen. Ziemlich groß und pompös. Und ziemlich viele Leute liefen hier rum. Einige davon schon etwas älter, die wohl dem vorherigem Besitzer noch dienten. Der Familie schaffte Myra es nicht aus dem Weg zu gehen, so wurde sie manchmal von der kleinen irgendwohin gezerrt oder durfte sich dass dumme Gestotterte von dem Jungen anhören. Und jeder von den hier Lebenden und Arbeitenden hielt über den Aufenthaltsort des Anwesens dicht. Eine Tatsache, die Myra am meisten störte. Die Nukenin ahnte es bereits. Sobald sie gehen durfte, zog man ihr eine drüber und sie würde mitten im Nirgendwo wieder aufwachen. Mitumial nahm es zumindest ernst mit seinen Kindern und allen anderen. Vom Hausherrn sah sie in den letzten zwei Tagen nicht viel. Manchmal erschien er wie aus dem Nichts und dann verschwand er, sodass selbst die ganzen Angestellten nicht damit heraus rückten, wo er sich versteckte. Alles ganz ominös. Natürlich hatte sich das Mädchen auch nach ihrer Ausrüstung umgesehen und da sie keine Spur davon fand, auch danach erkundigt.
"Sicher verwahrt", war die Antwort. Was auch sonst? Zwar war das Anwesen groß und bot jedem ausreichend Platz, doch blieb es für die Nukenin weiterhin ein Gefängnis. Der Garten war aber schön. Wenn es keiner sah, suchte sie Mittel und Wege sich von dem Halsreif zu befreien, aber es bot sich einfach keine Chance. Es mochte ein Schloss haben, aber mit gewöhnlichen Nadeln bekam sie es nicht geknackt. Vermutlich ebenfalls eine Spezialanfertigung. Wenn nicht mit der makaberen Leichenausstellung, womit verdiente Mitumial dann sein Geld? War er auch ein Shinobi? Manche Reflexe ließen auf Myras Annahme schließen. Sie konnte sich aber nicht eindeutig sicher sein. Und nachdem sie das Anwesen erkundet hatte, blieb ihr nun nichts anderes, als zu warten. Noch hatte er sie nicht wegen dem Grund ihres Aufenthaltes aufgeklärt. Langsam hatte Myra auch genug davon, der Kleinen immer wieder aufs neue zu erklären, dass sie keine Elfe sei. Weswegen sie sich nun einfach in ihrem Gemach verschanzte und still abwartete. Gäbe es was wichtiges, würde man sie aufsuchen. Wenn nicht, hatte sie wenigstens ihre Ruhe. Myras Hände sahen auch deutlich besser aus. Der Hausarzt hatte sie sich jeden Tag mal angesehen und bisher zeigten sich keine konkreten Probleme mit den Verletzungen. Dennoch musste Myra sie schonen und viel anderes blieb ihr in dieser Lage auch nicht übrig.
Für die Zeit. Wie lange eigentlich? Wie lange sollte Myra warten? Wann war für Mitumial bald? Für gewöhnlich ließ Myra nicht so mit sich umspringen. Längst hätte sie sich ihren Weg frei geprügelt. Wenn dieser dumme Halsreif nicht wäre. Ohne ihn wäre eine mögliche Flucht längst nicht so sinnlos. Aber er brauchte nur einen Knopf drücken, die frischen Spuren verfolgen und schon würde er eine schlafende Myra vorfinden. Und hier wäre es einfach, ihren Spuren zu folgen. Sie war irgendwo im Gebirge mit dezentem Schneefall. So konnte sie einige Orte bereits ausschließen, doch zu viele standen noch für ihren möglichen Aufenthaltsort offen. War sie vielleicht noch in Tetsu? Tsuchi, oder Kaminari? Kaum einzuschätzen. Wie konnte Myra nur in einer solch aussichtslosen Lage enden? Und für was? Leises klopfen an der Zimmertür ließ Myras Nackenmuskulatur anspannen und sie richtete sich auf ihren Unterarmen abstützend im Bett auf.
Mh? Auf ihre Reaktion öffnete sich die Tür und Mitumial stand im Rahmen. Er deutete das Mädchen zu sich.
Komm mit. Die Stirn runzelnd schob die Schwarzhaarige sich vom Bett auf die Beine und tat, wie er wünschte. Sie folgte ihm aus dem Raum und schweigsam führte er das Mädchen die Gänge entlang. Anfangs dachte sie noch, er würde vielleicht mehr als nur die beiden Worte in ihrem Zimmer sagen, doch darin täuschte sie sich. Irgendwann entschied sie das Schweigen zu brechen.
Was willst du? Wohin gehen wir? Mit einem Blinzeln nur schaute er zu der Spitzohrigen runter, ehe sein Blick wieder starr nach vorn gerichtet war.
Ich will dir den Grund zeigen, warum du hier bist. Myras Ohren stellten sich bei diesen Worten gespannt auf.
Wirklich? Na endlich! Länger hätte sie auch nicht warten können. Irgendwann betraten sie einen Korridor, der Myra zuvor noch fremd war. Rita tat gut daran, sie aus diesem Teil des Anwesens fern zu halten und hätte Mitumial das Mädchen noch länger warten lassen, so wäre sie vermutlich eines Nachts einfach heimlich in den Teil des Anwesens eingestiegen. So sollte sie auf regulärem Weg dem Geheimnis auf die Spur kommen.
Sie blieben vor einer Tür stehen und er klopfte höflich. Als eine weibliche Stimme aus dem Raum ertönte, trat er ein. Myra folgte Mitumial selbstverständlich, blieb aber bei dem sie erwartenden Anblick angewurzelt in der Tür stehen. Das Zimmer war groß und durch zwei riesige Fenster schien sanftes Sonnenlicht zwischen die Gardinen. An einem Rand des Raumes stand ein großes Himmelbett und darin lag eine Frau. Daneben saß eine weitere auf einem Stuhl und beobachtete irgendwelche Messwerte an einem merkwürdig piependen Gerät. Die Frau im Bett sah nicht nur für ihr eigentliches Alter ziemlich alt und schwach aus, sondern in ihren Nasenlöchern steckten auch seltsame Schläuche. Auf der anderen Seite vom Bett befand sich ein Gestell und daran ein mit Flüssigkeit gefüllter Beutel gehängt. Er war über einen weiteren Schlauch mit dem Handgelenk der Frau verbunden. Dieser Anblick verstörte Myra insofern, dass sie im ersten Moment regungslos stehen blieb und die Szenerie verarbeiten musste.
Wie geht es ihr? Fragte Mitumial nun die Frau neben dem Bett und zog sich einen weiteren Stuhl heran. Sie presste kurz die Lippen aufeinander, nur kurz von dem Gerät aufsehend.
Nicht besser, aber auch nicht schlechter. Mit einem zögernden Nicken nahm er Platz und legte behutsam seine Hand auf die bleiche der Frau. Sie regte sich zitternd unter der Berührung und schwerlich öffneten sich die Augen. Der Kopf drehte sich in Mitumials Richtung.
Hallo, Liebste. Wie fühlst du dich? Er sprach zu der Frau mit einer Sanftheit und Liebe, wie Myra es nicht mal in Anwesenheit seiner Kinder kannte. Auf ihren Lippen zeigte sich ein sehr schwaches Lächeln und ebenso erschöpft erklang ihre Stimme.
Müde. Wie immer. Ich habe heute besonderen Besuch mitgebracht. Komm näher und setz' dich zu uns, Myra. Er schaute in Myras Richtung, welche nach wie vor - etwas überfordert mit der Situation - im Türrahmen stand. Erst nach dieser Aufforderung bewegte sie sich langsam zum Bett hin.
Würdest du uns bitte für einen Moment alleine lassen? Fragte er die junge Frau ihm gegenüber freundlich und sie stand mit einem Lächeln auf.
Sicher doch. Sagt Bescheid, wenn etwas ist. Ich gehe so lange zu Tamaru. Natürlich. So verließ die Frau den Raum und Myra konnte ihren Platz auf dem Stuhl einnehmen. Nicht den Blick von der Frau im Bett abwendend, ließ sie sich auf den Stuhl langsam sinken. Als die Frau Myra zum ersten Mal erspähte, schien sie ungläubig und etwas Hilfe von Mitumial, richtete sie sich weiterhin an die Bettkante gelehnt auf.
Elaine? Ich möchte dir Myra vorstellen. Ich habe lange nach ihr gesucht und sie endlich hierher bringen können. Nun da Myra etwas näher an der Frau war, wurde sie sich erst der eigentliche Blässe gewahr. Ihr Haar von der ihr bekannten Bräune schlug wilde und ausgedünnte Locken. Es musste wunderschön gewesen sein, wie so vieles an ihr. Bevor sie offensichtlich krank wurde. Die matten Augen konnten nicht von der Nukenin ablassen, bis sich die zittrige Hand Myras Gesicht suchte. Die kühle Finger berührten zaghaft das Gesicht der Schwarzhaarigen, während sie weiter nur reglos da saß und selbst nicht wusste, wie sie mit der Situation richtig umgehen sollte. Ein strahlen entwickelte sich auf Elaines Gesicht.
Du bist wirklich echt. Und so wunderschön! Seit ich ein kleines Mädchen war träumte ich davon, jemanden wie dich einmal in natura vor mir zu haben. Und jetzt bist du hier! Myras Ohren sanken hinab, während ihr Blick kurz zu Mitumial wechselte. Der hatte aber in diesem Moment nur Augen für die kranke Frau.
Bitte. Dürfte ich sie nur kurz berühren? Myra wusste sofort, was die Frau meinte. Mittlerweile sah sie die Zusammenhänge auch klar vor sich. Und gewissermaßen verstand sie es auch. Drum senkte das Mädchen nur wortlos den Kopf und ein leichtes zucken durchfuhr sie, als die Fingerspitzen hauchzart an der Ohrmuschel und den Steckern in ihren Läppchen entlang glitten. Ein bittersüßes Glucksen erklang von Elaine.
Du bist wohl etwas schüchtern. Für gewöhnlich ist eher das Gegenteil der Fall. Fügte Mitumial mit gezogener Augenbraue hinzu und schien selbst überrascht, wie ruhig sich die Schwarzhaarige bisher verhielt. Nun konnte er auch die pure Überforderung auf ihren Gesichtszügen lesen und es überraschte ihn. Sie hatte kein Problem Menschen zu töten, dies auch auf brutale Weise. Doch am Krankenbett fand sie keine Worte? Myra hatte selbst kaum eine Erklärung dafür. Vielleicht, weil alles zusammen kam. Verständnis und obwohl das Zimmer so sehr nach Tod roch, eine Frau noch immer darin lebte. Wenn man ihr Dasein weiterhin als
"Leben" bezeichnen wollte. Das musste sich das Mädchen nun auch eingestehen.
Ich... kenne so was hier nicht. Diese... Dinger da. Myra schaute zu der piependen Maschine neben sich. Sie erahnte nicht mal dessen Zweck.
Schon in Ordnung. Es ist für niemandem leicht, wenn man mich zum ersten Mal besuchen kommt. Das ist ganz normal. Die warmen Worte spendeten Myra nur wenig Trost. Alles wirkte so kalt. Als würde der Tod bereits neben ihr stehen und nur auf einen Moment der Schwäche warten.
Als das leise klacken der Tür wie sie ins Schloss fiel ertönte, musste Myra tief durchatmen. Sie lehnte sich an die Wand hinter sich und legt die Arme um ihren Körper. Was sie eben erlebte ging dem Mädchen doch mehr an die Nieren, als sie je gedacht hätte.
Sie ist also der Grund, warum ich hier bin? Myras Blick wanderte hoch zu dem Mann neben sich. All die Wärme und Liebe in seinen Augen schienen wie fort geblasen. Eingenommen hat ihr Platz die Neutralität.
Ja. Ich wollte ihr endlich diesen lang ersehnten Wunsch erfüllen und ihr eine lebensechte Elfe zeigen. Myra brauchte die Worte auf ihrer Zunge gar nicht auszusprechen, denn sie waren ihr in den letzten tagen nun oft genug über die Lippen gekommen. Stattdessen brannten ihr nun andere Fragen in den Gedanken.
Ernsthaft: Wozu die Entführung? Warum hast' mich nicht einfach gefragt, ob ich mal mitkomme und mich so deiner Frau zeige? Ich hätte da bestimmt keinen Aufstand gemacht, wenn du mir die Sache erklärt hättest. Er legte den Kopf zur Seite.
Ich hörte unterschiedliche Dinge von dir. Die meisten versprachen nichts Gutes. Es ist immer das klügste zuerst das Gespräch zu suchen, doch möchte ich meine Beweggründe nicht jedem Fremden direkt offenbaren. Wenn du verneint hättest, hätte ich dich auch so verschleppt. Und wie hätte ich bei deiner Zustimmung wissen sollen, ob du es wirklich ernst meinst und mir nicht nur eine Falle stellst? Er sah an dem Mädchen vorbei, den Korridor entlang.
Ohne Zweifel habe ich da einen unorthodoxen Weg eingeschlagen mit deiner Entführung, aber es schien für mich der sicherste Weg zum Schutz meiner Familie. Du bist auf hartem Pflaster aufgewachsen und das färbt einfach ab. Kaum jemand wächst unter den korrupten Bedingungen des Schwarzhandels auf, ohne selbst einen Teil von sich in seiner Schwärze zu verlieren. Dagegen konnte Myra kaum etwas erwidern. Sie war ein Kind des Untergrundes und als solches handelte und dachte sie. Er tat es nicht anders. Vermutlich hätte sie in seiner Situation die Chancen ähnlich eingeschätzt. Manchmal ist Grausamkeit der effektivste und effizienteste Weg.
Und was jetzt? Lässt du mich gehen? Die beiden Blicke trafen sich und für einen Moment herrschte eine unangenehme Stille.
... Ich werde Vorbereitungen dafür treffen, dass du bald gehen kannst. Es wird aber nicht sofort passieren, also bitte ich dich nochmals um ein wenig Geduld. Myra verdrehte die Augen. Was war so schwer daran, ihr das dämliche Halsband abzunehmen, die Ausrüstung zurückzugeben und sie vor die Tür zu setzen? Aber vermutlich wollte er den Ort des Anwesens weiterhin geheim halten und sie deswegen bis zu einem bestimmten Punkt transportieren wollen. Zumindest für den Moment, konnte sie sich wieder frei im Anwesen bewegen. Und wurde direkt von der Jüngsten der Geschwister aufgegriffen. Merkwürdig, wie sie wirklich alle nur der Mutter ähnlich sahen. Aber es waren keine schlechten Gene. Die Nukenin konnte sich die Schönheit der kranken Frau gut vorstellen. Und wie Mitumial ihr in in jüngeren Jahren verfallen war und heute noch ist.
Ungeduldig bewegte sich Myra zum Studierzimmer. Nach mehrmaligen fragen konnte ihr endlich jemand mitteilen, wo sich der verfluchte Hausherr befand und nun würde sie ihn endlich aufsuchen. Drei Tage. Drei beschissene Tage war der Besuch bei Elaine nun her und der Typ hatte sich wieder dermaßen rar gemacht, dass Myra mittlerweile auf heißen Kohlen saß. Er wollte sie wieder freilassen. Nur sah sie bisher nicht mal das kleinste Anzeichen dafür. Ungestüm wie sie war sparte sie sich auch das Klopfen und ungefragt trat sie einfach in das Zimmer ein. Über ein dickes Buch gebeugt - weitere Bücher stapelten daneben - stand der ältere Mann an einem Tisch und schaute auf, wie die Schwarzhaarige regelrecht in das Zimmer trampelte.
Es wäre nett, wenn du dir klopfen angewöhnen könntest. Wies er sie mit der üblichen kühlen Distanz auf ihren Fehltritt hin und richtete sich zu voller Größe auf.
Und es wäre cool, wenn ich mal wüsste was jetzt Sache ist. Du hast gesagt, du kümmerst dich darum, dass ich bald gehen kann. Das ist jetzt drei Tage her und ich sehe noch nix davon! Was ist also? Musst du erst wieder den Kopfgeldjäger aufgabeln, oder was dauert so lange? Seine Hände fanden wie so oft hinter seinem Rücken zusammen und er ließ einen Augenblick verstreichen, ehe der Mann Antwort gab.
Ich habe mich nicht darum gekümmert. Dann hau rein, man! Dieses blöde Halsband fängt auch an zu kratzen! Brachte das Mädchen sofort ihr Unverständnis zum Ausdruck. Doch als sie in seine Augen sah, beschlich Myra ein unangenehmes Gefühl. Irgendwas stimmte nicht, zumindest was ihre Abmachung betraf. Und sie sollte recht behalten.
Das werde ich nicht, denn du wirst hier bleiben. Mitumial beugte sich wieder über sein Buch und ließ die fassungslose Myra aus den Augen.
Was? Seit du Elaine besucht hast, hat sich ihr Zustand deutlich gebessert. Tamaru sagt, solche guten Ergebnisse hätte er seit vielen Monden bei ihr nicht mehr gesehen. Der Hausherr schaute zu der Nukenin auf.
Ich weiß nicht, ob dein Besuch allein ihr Kraft gegeben hat, aber ich will es nicht darauf ankommen lassen. Deine Anwesenheit gibt ihr noch eine Chance und deswegen wirst du hier bleiben. Als wolle sie etwas sagen, stand der Schwarzhaarigen wortlos der Mund offen. Sie starrte ihn einfach an.
Du... du kannst mich nicht einfach hier behalten. Du kannst mich nicht dazu zwingen! Myra griff sich erschüttert ins Haar. Es war so lang geworden und ging ihr bereits bis zu den Schultern. Am liebsten würde sie es nun an Ort und Stelle runter schneiden.
Es ist toll, dass es deiner Frau besser geht. Ehrlich. Aber deswegen kannst du mich nicht weiter gefangen halten. Deswegen werde ich nicht hier bleiben! Ich habe ein eigenes Leben, okay? Du kannst mir nicht einfach mein Leben wegnehmen, nur weil es deiner kranken Frau dadurch besser geht! Ohne weitere Reaktion zu bieten, wandte Mitumial seine Aufmerksamkeit wieder dem Buch vor sich zu. Wo zuvor Fassungslosigkeit war, entfachte nun langsam die Wut. Ihre Stimme erhob sich und die nach wie vor verbundenen Hände ballten sich zu Fäusten.
Wir haben einen Deal! Der Mann wirkte nun deutlich angestrengter und er erhob sich wieder.
Und der hat sich erledigt. Wenn es Elaine mit dir besser geht, dann bleibst du hier. Das ist mein letztes Wort in der Sache. Beruhige dich nun wieder. Myra schlug hart mit der Faust auf den Tisch. Er hatte Glück, dass der zwischen den beiden stand, sonst hätte sie den Mann längst angesprungen.
Beruhigen? Du trittst auf unseren Deal und du willst mir meine Freiheit ganz rauben! Und dann soll ich mich beruhigen? Drauf geschissen, du beschissenes Arschloch! Ich werde gehen, ob es dir passt oder nicht! Brüllte sie nun lautstark, und sie hätte weiter gezetert, hätte sie nicht ein leises klacken vor ihr sie abgelenkt. Ruckartig wanderte ihr Blick zu der kleinen Fernbedienung auf dem Tisch vor sich. Mitumials Hand lag darüber. Wie hypnotisiert starrte Myra das kleine Gerät an. Wie immer sprach gleich all dem Hass, den sie ihm entgegenbrachte voller Ruhe zu ihr.
Das wirst du nicht. Ich brauche nur einen Knopf drücken und du schläfst ganz gleich deiner Bemühungen ein. Und dann wachst du eingesperrt auf. Myras Hand schnellte vor doch ebenso wie flink, wie er die Fernsteuerung vor sich abgelegt hatte, so ließ er diese auch wieder hinter seinem Rücken verschwinden.
In meinem Haus gelten meine Regeln. Du wirst nicht gehen, solange ich es nicht erlaube. Und du wirst dich jetzt beruhigen, oder du wachst an dem Ort auf, den du zuerst in diesem Anwesen zu Gesicht bekamst. Dort wirst du dann auch für's erste bleiben bis du gelernt hast, dich einzufügen. Hast du mich verstanden? Sie sah es. Myra sah es deutlich. Mitumial betrachtete sie nicht länger als einen Gast, sondern als Gefangene. Er war bereit, sie als solche zu behandeln. Seine harten Worte und sein Blick vermittelten das dem Mädchen mehr als ausreichend. Diese kalte Distanz. Auch seinen Händen klebte Blut, nur so könnte jemand sich von anderem Leben derartig distanzieren. Er erwartete eine Antwort, doch Myra starrte ihn nur abfällig an. In ihren Augen war so viel Hass und das Feuer unbändiger Wut loderte und brannte. Sie spürte dessen Hitze in ihrer Brust. Ihre Atmung wurde schwerer und stand eine Antwort zu geben, drehte sich die Schwarzhaarige nur energisch um und stürmte aus dem Zimmer. Mitumial schien dies zu reichen, denn er beugte sich wieder über sein Buch.
Ohne auch nur jemandem einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken stürmte die Nukenin die verschiedenen Korridore entlang, bis sie in den großen Eingangssaal kam und von dort aus über die Eingangstür in Richtung der Gärten verschwand. Rita und ein weiterer Angestellter standen an der Tür und sahen einander einen Moment kurz verwirrt an.
Die ist ja mal wieder richtig gut gelaunt. Meinte der junge Mann zu der älteren Haushälterin. Die schmunzelte nur und sah dem Mädchen weiter nach.
Es ist halt nicht unbedingt human, jemanden gegen seinen Willen festzuhalten, oder? Ihr Kollege seufzte leise und fuhr sich mit einer Hand den Nacken entlang.
Er hat sich verändert. Ach... Nur in einem leichten Tanktop bekleidet und einer weiten Stoffhose würde Myra für gewöhnlich schon zittern, aber jetzt schien ihr die kühle Luft mehr als gleich. In dem dekorativen Garten machte das Mädchen schlussendlich vor einem Kirschbaum Halt und begann damit, ihre Fäuste gegen die feste Baumrinde zu schlagen, bis diese blutig wurden. Und selbst dann stoppte sie nicht und schlug weiter, sodass ihr Blut nicht mal die Chance hatte, an der Rinde zu trocknen. Ob wegen ihres Zorns oder des Schmerzes in den Händen schrie das Mädchen aus voller Kehle. Im Anwesen würde sie ohnehin keiner hören. Und wenn er den Knopf drückte. Was sollte das schon? Es würde nichts ändern.